Skandinavien
Synonym für Weite und unzerstörte Natur.
Eh ein Natur-Freund wußte ich zudem schon durch eine Reise einige Jahre zuvor, daß es mir hier gefiel. Doch genau diese Reise von damals führte jetzt auch dazu, daß mir dieses mal eine ziemlich seltsame Reiseroute durch den Kopf schwirrte. "Schnurstracks durch Norwegen und Schweden um dann ausführlich Finnland zu bereisen" hieß die Devise; wohl vor dem Hintergrund, daß ich damals in Norwegen und Schweden gewesen war und die Tour in Finnland hatte abbrechen müssen.
Das es ganz anders kam, eigentlich klar ...!
- Norwegen -
( Norge )
begann überragend. Die letzten Seemeilen der Überfahrt von den
Shetlands verlaufen durch einen wunderschönen Fjord. Eine letzte Biegung, dann taucht Bergen vor uns auf. Einzigartige Lage! In einem gewaltigen Kessel aus Fels und Bergen gelegen wirkt es aus der Distanz wie ein winziges Örtchen, irgendwie zwischen die Felswände und das Meer gequetscht. Unglaublich!
Die Fahrt aus Bergen hinaus war 'ne einzige Katastrophe, doch zu dem was ich danach zu sehen bekommen sollte steht im Tagebuch:
Ich möchte nicht lügen, aber die Fahrt am Hardangerfjord und über den (?) Hardangervidda sehe ich als den absoluten Höhepunkt meiner bisherigen Reise an. Mir fällt selbst nach einigem Nachdenken nichts von derart herausragender Schönheit ein!
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Dabei hatte ich die 7 ja nur deshalb gewählt, da es die "Schnellverbindung" Bergen - Oslo ist. Dermaßen von der Gegend begeistert war von "schnell durch Norwegen und Schweden" fortan keine Rede mehr. Und meine gedachte südliche Route Bergen - Oslo - Stockholm wurde gleich mitbeerdigt.
Stattdessen blieb ich den Wäldern Zentral- und Ost-Norwegens treu und überschritt fast unmerklich die Grenze nach
- Schweden -
( Sverige )
Auf kleinen Straßen in Richtung Mora unterwegs stieß ich so auf einen alten aber scheinbar benutzten Schienenstrang. Es dauerte eine Weile bis "Mora - Schienenstrang - das sagt mir doch etwas".
Richtig. War auf meiner damaligen Reise ('92) gewesen als ich durch Mittelschweden Richtung Norden radelte und dabei von der "Inlandsbanan" erfuhr. Hatte seit damals lange davon geträumt einmal mit dieser Bahn zu fahren. Nur war er in letzter Zeit in Vergessenheit geraten.
Jetzt radelte ich also auf Mora zu. Was blieb mir da anderes übrig als diesen alten Traum zu erfüllen?
Inlandsbanan; oder: wie entstehen Träume
Sitz' am Fenster, draußen zieht die Landschaft vorbei. Ich lege Paul Theroux's The Pillars of Hercules aus der Hand. Sein "doch das war der Plan von gestern. Ich hatte meine Meinung geändert, und war froh darüber" erinnerte mich an meine eigene totale Änderung aller Pläne gestern.
War dieses nicht der Trip von dem ich so viele Jahre geträumt hatte? Einzig dadurch, daß ich gestern diesen alten aber benutzten Schienenstrang entdeckte fiel es mir wieder ein. "Könnten dies nicht die Gleise der Inlandsbanan sein? Fing die nicht in Mora an, wohin ich jetzt unterwegs bin?"
Doch schon während ich noch auf ihr unterwegs bin - und mir diesen uralten Traum erfülle - beginnt sich bereits ein Neuer zu bilden.
Eine Reise mit diesem Zug im Winter!
Vom Tageslicht des Südens in Lapplands 24-Stunden-Finsternis; bei -30 Grad stapfend durch den bläulich schimmernden Schnee wandern; vielleicht das Polarlicht sehen. Ein Wintermärchen!
[Erfüllen werd' ich ihn irgendwann auf einer anderen Bahn. Die Inlandsbanan fährt leider nicht im Winter.] |
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Zwei Tage später und 1000 Kilometer weiter nördlich - in Gällivare am Polarkreis - war dann wieder Radfahren angesagt. Nach
- Finnland -
( Suomi )
Das absolute Highlight in Skandinavien war zwar die Hardangerfjord-Hardangervidda-Fahrt in Norwegen - Als das schönste Land habe ich aber mit Abstand Finnland empfunden!
Lange endlose Straßen, nicht selten gar "nur" geschottert und aufgelockert durch tausende kleine Seen, ist Finnland für Leute wie mich - Liebhaber der großen einsamen Weite - geradezu ein Paradies.
Irgendwo hatte ich gehört, daß sich mal ein Radler beschwerte, von den ganzen Seen sei überhaupt nichts zu sehen. Die Straßen würden immer nur durch die Wälder verlaufen und an keinerlei Seen vorbeiführen.
Keine Ahnung, wo der unterwegs war; vermutlich ist er nur im Eiltempo die E4 "hinaufgeflogen".
Ich für meinen Teil kam an soviel Seen vorbei, ich kann mich nicht mal an all diejenigen erinnern, an denen ich eine schöne Rast eingelegt habe; geschweige denn an all jene, an denen ich nur vorbeifuhr! |
Es gäbe soviele tolle Geschichten zu erzählen ..., von der netten Bankangestellten, vom Camp in Rovaniemi, über Koko & Lisbeth (viele, viele Grüße falls ihr das hier lest!), wie ich eine Familie beim Angelausflug traf, von den vielen kleinen Läden bei denen ich hielt, von Aki der mich nach Helsinki einlud, oder auch einfach von den zahllosen fantastischen Nachlagern einschließlich Sonnenuntergänge ...
Nicht hier lesen,
hinfahren! selber erleben!
ist angesagt!
Kurzform-Tagebuch:
- Wetter toll, und so lasse ich es gemütlich bis Rovaniemi laufen. Weiter fahr' ich heute nicht mehr. Kurve mehrmals durch die Stadt (recht schön, betriebsam, viele Leute, Stadtfest), dann zum Campingplatz. Hatte auch überlegt in der Jugi zu übernachten, macht aber erst um 5 Uhr auf und ist auch doppelt so teuer.
- In Vanttauskoski treffe ich ein radelndes Päarchen aus der Schweiz. Fahren zusammen bis Pirttikoski. Unterwegs ihren Platten geflickt. Hinter Pirttikoski fantastische Strecke! Abgefräster Asphalt, sehr dunkel, übersäht mit Steinen; eben und doch rauh. Einfach Klasse! Übernachte in der Jugi auf die ein Schild plötzlich und völlig unerwartet am Straßenrand hinweist. Ich glaub's erst garnicht. Habe meine eigene kleine Stuga (Hütte)!
- Fahre nur bis Kemijärvi. Bin recht glücklich trocken anzukommen denn rundherum plästert es was das Zeug hält.
- Zum ersten Mal lange Enden Schotterstrecke; z.T. sehr schön!
- Koko & Lisbeth from Holland; (Tanhua)
Riesen-Ren;
Sonne im Rücken, pechschwarz in Richtung russische Grenze;
russische Grenze;
Camp: Eisenbahnende nach Rußland;
- Keine besondere Strecke. Breit ausgebaut. Lediglich vor Hautajärvi einige Kilometer schöne schmale Straße (kurvig, hügelig, grün bis an den Straßenrand). Wird noch schlimmer. Fahre die 5 [E63] entlang. Breit, flach, viel Verkehr. Und dementsprechend stinkig. Macht nicht den geringsten Spaß. Da bereits 20km vor Kuusamo die Häuser anfangen in Abständen von 300m - 500m zu stehen gibt es nur eines: Heute noch hinein nach Kuusamo und gleich wieder hinaus. Auch wenn ich dadurch wesentlich mehr Kilometer (und auch länger) fahre als gedacht. Camp am Turnoff nach ... (Puusamo?)
Bahnangestellte
Sie sprach etwas englisch. (Das aber sehr gut!). Das ich einen Scanrailpass für 5 Tage innerhalb von 15 Tagen wollte war recht schnell klar und erledigt. Ein größeres Problem war, mein Rad während der Zeit unterzubringen. Ich konnte es ihr beim besten Willen nicht klar machen, daß ich es gerne in einem Aufbewahrungsraum der Bahn lassen wollte.
Gab schließlich auf, immerhin zufrieden den Scanrailpass erhalten zu haben. Fuhr zur Jugendherberge um mich für eine Nacht einzubuchen und auch um zu fragen ob ich das Rad dort lassen könnte.
Welch eine Enttäuschung. Was ein Loch.
Alle Wände sind zutapeziert mit Verkaufsangeboten von jeglicher Art von Hamburgern, das Rad muß draußen im Hof angeschlossen werden und mein Zimmer stinkt erbärmlich. Ist kaum auszuhalten.
Frage garnicht erst, ob ich mein Rad lassen kann. Gehe stattdessen zurück zum Bahnhof. Schaue mich genauer um und entdecke eine Tür mit Kinderwagen- und Rollstuhlsymbol. Gehe wieder rüber zum Schalter und lächel: "Ich habe immer noch ein Problem mit meinem Fahrrad. Kann ich es - DORT - lassen?" und zeige schnurgerade auf die entsprechende Tür. Ein breites Lächeln tritt auf ihr Gesicht und meint "Ich sage - JA!" Jetzt wächst auch mein Lächeln zum Strahlen!
Wundervoll! Einfach toll! Diese Art von Reaktion hatte ich nicht erwartet. In absoluter Hochstimmung zurück zum Hostel, alles Das was ich nicht mitnehme ans Rad, und erneut zum Bahnhof, das Rad sammt der Ausrüstung zur Aufbewahrung abgegeben.
Vielleicht finde ich etwas, daß ich ihr als Souvenir und 'Danke schön' mitbringen kann. |
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Kurzform-Tagebuch: (nochmals drei kleine Auszüge)
- Mehrfach sehr schöne Strecken gefahren. Auch die 447 nach Kangasniemi. Diese besonders weil recht gerade, halbwegs flach (verglichen mit den anderen Straßen) und sehr gut und zügig zu fahren.
Natürlich auch heute wieder einmal kräftig naß geworden. Den zweiten Regenguß (Gewitter) habe ich trocken unter einem komischen Betongerüst in Pieksämäki abgewartet.
Zum Abendessen Pilze gebraten! Sehr lecker! Hatte über Tag Braunkappen und Birkenpilze gesammelt. Finde zum Campen einen sehr schönen Platz an einem See, 200m von der Straße weg.
- Vor Karigasniemi; sitz' in einem Roadhouse, studiere meine weitere Route. Die Karte hellt sich auf, ich wundere mich, schaue raus, tatsächlich, die Sonne kommt heraus!
Perfekt dazu passend fängt im Radio Don Hanleys "Summer" an zu spielen. Pfeife leise mit und tippe mit den Füßen den Takt dazu.
Danach einige wunderbare Schotterstraßen entlang. In Leivonmäki in einen Pub, relaxen und was essen. Da die Sonne immer noch scheint fahre ich noch weiter und zelte auf einer bereits wieder zugewachsenen Einfahrt eines ehemaligen Abholzungsgebietes.
Als Vorspeise zum Abendessen gibt's heute eine Hand voll kleiner aber sehr schmackhafter Erd- und Himbeeren. Gepflückt von den Sträuchern direkt neben meinem Zelt.
- Baue mein Zelt am Abend in einem schönen Waldgebiet auf. Rundherum alles voll mit Blaubeeren! Logisch, daß ich da anfange zu pflücken.
Brauche nur einmal ums Zelt herum zuzupflücken und mein Futternapf ist randvoll.
Strecke? Muß ich später auf der Karte nachschauen. Kann mich aber an einige tolle Abschnitte erinnern.
Wie hatte ich doch am Anfang geschrieben?
Skandinavien - Synonym für Weite und unzerstörte Natur! Und:
Lange endlose Straßen, nicht selten gar "nur" geschottert und aufgelockert durch tausende kleine Seen, ist Finnland für Leute wie mich - Liebhaber der großen einsamen Weite - geradezu ein Paradies.
Ich hoffe ein klein wenig dieses Paradieses rübergebracht zu haben!
Weiter ging's nicht in Rußland, wohin ich gern gefahren wäre, sondern in
Estland.
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