Routenplanung

- speziell für Langzeit-Reisen per Rad -

Wie sicher jedem einleuchten wird ist eine klassische Routenplanung bei Langzeit-Reisen nicht praktikabel. Es ist schlichtweg unmöglich vorab für Monate oder gar Jahre eine exakte Route, wo möglich sogar mit vorausgebuchten Übernachungen, zu planen und festzulegen. Anstelle eines einmal festgelegten Ablaufs besteht die Planung von Langzeit-Reisen dagegen eher aus (mehreren) Stadien die aber natürlich Kartenstudium und eine (voraussichtliche) Routenfestlegung beinhalten.
Wobei diese verschiedenen 'Stadien' aber nicht nacheinander ablaufen, sondern stetige, parallel ablaufende Überlegungen sind.

Jede/r wird hier mit der Zeit seinen eigenen Stil entwickeln; In meinem persönlichen Fall sieht das Ganze etwa folgendermaßen aus:

- Der äußerste Rahmen ist 'die Idee'.
Sie steht im Hintergrund und hat mit dem wirklichen Verlauf der Reise meist nicht viel zu tun. Sie ist eher eine Vorstellung, welchen Verlauf die Reise nehmen könnte, auf welches Fernziel ich zusteuere. Für gewöhnlich sind dies Vorstellungen weit weit im voraus.
Zu Beginn der Nordamerikareise '96 stand z.B. 'die Idee': "Immer Richtung Westen; Bis es nicht mehr weiter geht." Als ich mich dem Pazifik näherte dann die große Ent-scheidung: "nach Südamerika" oder "zum Arktischen Ozean".
Plant man eine Weltreise sollte 'die Idee' aber nicht nur aus "einmal um den Globus" bestehen sondern zumindest einen groben Abriß der gedachten Route (wie etwa Europa-Ägypten-Südafrika-Südamerika-Kanada... mit anzufahrenden Städten) beinhalten. Durch diese Zwischenziele lassen sich geistige Flauten besser bewältigen und man läuft nicht Gefahr gleich die ganze Tour wegen Kleinigkeiten an den Nagel zu hängen.
- Die 'main direction' (generelle Richtung)
Hiermit ist die generelle Richtung für die nächsten zwei, drei Wochen gemeint.
Sie ist so etwas wie die berühmte Perlenkette - Nur daß sie sich in diesem Fall aus Nationalparks oder Ortschaften bildet, die man/frau gerne anfahren möchte. Wobei sie aber auch vom Wetter mit beeinflußt werden kann!
Um beim Beispiel der Nordamerikareise zu bleiben: War ich ursprünglich davon ausgegangen irgendwo in Kalifornien den Pazifik zu erreichen sorgte ein stetiger Gegen- und Seitenwind dafür, daß ich die Route peux-à-peux immer weiter nach Süden korrigierte - wo ich letztlich in Los Mochis (Mexiko) auf den Pazifik traf!
Letztenendes ist die 'main direction' also nichts anderes als ein immerhin schon grob festgelegter Routenverlauf. An ihr orientiert sich dann auch die spätere
- Routenfestlegung
Basierend auf der 'main direction' erstelle ich eine Route (durch Striche auf der Landkarte) die ich intuitiv [ohne genaue Infos über die Strecken zu haben] für schön / interessant halte.
Dazu setz' ich mich aber nicht einfach in ein Café und zeichne Striche in die Karte sondern das Ganze ist ein längerer Prozeß! Jeweils etliche hundert Kilometer im Voraus setze ich mich mit der Karte auseinander und wäge mögliche Routen gegeneinander ab. "Hier könnte ich entlang fahren, ... oder hier." "Warum nicht diesen Bogen?" Für gewöhnlich bin ich mit dem Resultat nicht zufrieden, räume die Karte wieder weg und setze mich später erneut mit ihr auseinander.
Irgendwann springt mir so die 'optimale Route' ins Bewußtsein und es heißt wirklich: irgendwo in ein Café, oder eine Nachtschicht eingelegt, oder oder oder. Eingebung ist alles und läßt sich kaum ersetzen!!    [.. o.k., zumindest meiner Meinung nach .. :-))]
- Letzter Teil: die wirklich gefahrene Route.
Interessant ist: An die einmal eingezeichnete Route halte ich mich dann auch weitgehend. Einen Gutteil der Zeit fahre ich direkt auf ihr, den Rest bin ich zumeist nicht allzuweit entfernt.
Einschränkend sollte natürlich gelten, daß man jederzeit offen für aktuelle Änderungen ist. Denn erst diese lassen eine Tour ja richtig interessant werden. Womit dann auch schon wieder ein Anlaß gegeben ist, die 'main direction' zu überarbeiten.

Wie man sicher aus dem Text erkennen kann gehöre ich zu den Radlern, die einer "loose itinerary" (einer losen Route) folgen. Dies führt mitunter zu der interessanten Situation die Route komplett umzuplanen.
Um ein letztes Beispiel zu nennen: Entschied mich '95 mitten in Australien nicht direkt nach Darwin zu fahren sondern den mehrmonatigen "Umweg" über Cape York einzubauen. Ohne diesen "Umweg" wäre die weitere Reise total anders verlaufen. (Einladung; nach Rußland anstelle von Indonesien!)


Möchte an dieser Stelle noch etwas einschieben das einfach dazugehört:

Ich mag keine (Routen-) Führer / Guides.
Und ich lese auch keine.

Letztenendes produzieren sie nichts anderes als daß die Einheimischen entlang der Routen abstumpfen, sich an die vermehrten Reisenden gewöhnen. Oder gar anpassen.

Wie eine Handvoll anderer Radler auch nutze ich stattdessen Landkarte, Kopf und Fantasie um mir eine völlig eigene Route zusammenzustricken.
Man mag die eine oder andere "Sehenswürdigkeit" verpassen (bin ich nicht böse drum), aber mit Sicherheit erlebt man das Land "echter" als auf vorgefertigter Strecke.
Trifft man dann auf eine irgendwo beschriebene Route trifft man sogleich auch wieder auf (vergleichsweise) haufenweise Radler. (Echte Erfahrung !!)


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