North West Territory
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Aus dem North West Territory kommend gibt es nur einen Weg, so die Auskunft
der meisten Reisenden. Und zwar geradewegs runter nach Grande Prairie.
Schaut man genauer hin findet man aber noch einen zweiten - rauhen aber
hochinteressanten - Weg. Die sogenannte
"Red-Earth-Road".
Diese Piste aber bloß nicht unterschätzen ! Sie besteht aus Schotter,
Erde und Lehm und wandelt sich nach Regen in ein Schlammloch !
Es sind nur noch wenige Kilometer bis zum Campground - als ich in einen
Gewittersturm gerate. Urplötzlich sehe ich eine gewaltige Regenwand
auf mich zukommen. Spring vom Rad, greif mir in aller Eile meine Plastikplane
und halt sie mir und dem Rad über den Kopf. Keine Sekunde zu früh!
Es fängt mit einer ungeheuren Intensität an zu regnen. Selbst
Hagelkörner darunter! (Bei 25 Grad!). Die Intensität steigert sich
noch! Und die letzten etwa 30 Sekunden als Zugabe extreme Sturmböen.
Nach 3 Minuten ist alles vorüber. Zelte auf dem CG am Wabasca River. Und weiter die "Red Earth Road". Kommentare: "Nasty Road" oder "Wenn naß, mußt du durch so tief (zeigt 50cm) Schlamm !"; Augenzeuge (Globetrotter mit umgebautem Unimog): "Die haben Lkw's mit 'ner schweren Raupe durchziehen müssen! Wir haben's auch nur im 1. Gang mit Allradantrieb geschafft!" Die letzten 10 Km bis Red Earth nochmal Lehmboden. Hat offenbar kurz zuvor geregnet. Ich kann von Glück sagen, daß wenigstens die schmalen Fahrspuren schon wieder abgetrocknet sind, denn der Rest ist tiefer Schlamm. Wie Schmierseife und Kleber. |
In der Region hat die "Red-Earth-Road" den Ruf eine der schlimmsten Straßen von ganz Kanada zu sein. Nun ja, ich hatte nicht allzuviel drauf gegeben - bis mich der Regen überraschte. Danach wußte ich, wie's sich in tiefem Schlamm fährt. Nämlich garnicht!
"Saskatchewan ist total öde. Nichts als Prairie und Getreidefelder."
Jeder den ich traf hatte so Saskatchewan beschrieben.
Das dem lange nicht so ist zeigte meine Radtour durch den
Norden.
Gleich hinter der Grenze nach Saskatchewan bietet sich die Fahrt durch den
Meadow Lake Provinzial Park an. Die Schotter- und Sandstrecke führt
durch herrliche Landschaft, nennenswerter Verkehr ist lediglich im Mittelteil
des Parks anzutreffen. Traut man sich dann noch durch den nördlichen
Zipfel des Parks nach La Plonge erlebt man Natur pur - ohne jeglichen Verkehr.
Denn diese Strecke ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Buschpiste.
Auch die Freunde der Tierwelt kommen hier auf ihre Kosten. So habe ich im
Meadow Lake PP meinen ersten Luchs du Gesicht bekommen. Auch Biber und Otter
tummeln sich hier.
Von La Plonge gibt's zwei Möglichkeiten. Nach Norden und nach Osten.
Da mir aber nicht nach Sackgasse zumute war bin ich nach Osten, in Richtung
La Ronge. Nicht asphaltiert, aber immerhin eine recht gute Schotterstraße.
Zumindest solange es trocken blieb.
Wie's ausschaut wenn's naß ist ? Siehe nachfolgend.
Von La Ronge gibt's - außer mal wieder einer Sackgasse in den hohen
Norden - nur einen Weg. Weiter nach Osten, nach Flin Flon. Nur ... ich war
schon länger nicht mehr im Norden ... "warum eigentlich nicht
?"
Gedacht, getan.
HALT, doch noch nicht ganz. Beim letzten Blick auf die Karte sticht mir eine
komplett andere, völlig neue, total unkonventionelle Route ins Auge.
"(strahlend) ... das werd' ich probieren ...!"
In Southend angekommen fange ich gleich an, herumzufragen. Nach einiger Zeit
bin ich soweit zu wissen, daß zumindest die Chance besteht, nach Kinoosao
mitgenommen zu werden. Definitiv ist allerdings nichts.
Um so größer dafür die Freude als am nächsten Morgen
ein Forstbeamter bei mir am Zelt anklopft und meint, ich solle so gegen Mittag zu seinem Office kommen.
Zwei seiner Kollegen würden nach Kinoosao rüberfahren und ich
könne mit !
Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen !
Es wird eine herrliche Bootsfahrt durch grandiose Fjordlandschaften.
Sitz' mal wieder an 'nem Seeufer. Zelt aufgebaut, Rad abgestellt - und
genieße einen herrlichen Abend. Sitz' auf einem Felsen und schau' hinaus auf den See. Ein paar Libellen haschen nach Mücken, winzige Wellen brechen sich an einem kleinen Felsen und schmeißen Ringe, ein paar Wasserläufer toben sich aus. Stille, Frieden; Die Leute vom Laden nebenan lassen ein Kanu ins Wasser und gleiten auf den See hinaus. Der Mond geht auf, die wenigen Wolken färben sich orange, dann violett. Mein Kaffee ist fertig. Keine Ahnung wie lange ich so dasitze. Der Kaffee ist lange auf. Wieder einer dieser unbeschreiblichen Abende. |
Himbeeren im Gebüsch ! Da konnte ich nicht widerstehen !
So war ich denn auch für mehrere Tage mehr im Gebüsch als im
Fahrradsattel zu finden. Denn als "Belohnung" für die getane Tagesarbeit
gibts nichts Schöneres als einen Nachtisch aus frisch gepflückten
Himbeeren.
Nachts um Drei. Du warst noch auf'n Kaffee im Donut-Shop und bist auf
dem Weg nach Hause. Nur ... irgendwas ist nicht in Ordnung. Seltsam, die
Beleuchtung scheint leicht anders zu sein als gestern. Sicher zuviel Kaffee
getrunken. Du gehst eine unbeleuchtete Abkürzung und ... alles scheint eher grünlich als grau-braun zu schimmern. Sehr seltsam. Du drehst dich suchend um, nirgendwo eine entsprechende Leuchte, auch keine grüne Neonreklame, nicht mal ein Gardinenfenster, daß grün durchschimmert. "... Aber es muß doch eine Erklärung geben ..." Du stutzt - und plötzlich kommt dir ein verwegener Gedanke. Du schaust auf zum Himmel ... und da ist es, |
Doch zurück zur Strecke:
Nun, abgesehen von der Buschpiste Kinoosao - Lynn Lake und einem Teilstück
von Leaf Rapids - Thompson geht's fortan nur noch auf Asphalt weiter. Was
das Radeln zwar einfacher und schneller macht, aber auch uninteressanter.
Stichpunktartig: Grand Rapids - Selkirk - Kenora - Ft. Francis - Thunder
Bay - Sault Ste. Marie - Manitoulin Island - Toronto.
Und obwohl ich noch jede Menge schöne Gegenden sah, tolle Erlebnisse zu erzählen hätte, nette Bekanntschaften machte ... , werde ich hier nur noch einmal ein paar - wie ich finde - schöne Impressionen folgen lassen. Denn
Also dann, schnapp' dir dein Rad, sattel auf, und nix wie los. Denn erleben
kannst du's nur selber !